Grundlage für eine fachgerechte Planung und lange Nutzungsdauern der Sanierungsmaßnahmen
(Wirtschaftlichkeit, Folgekosten usw.) ist eine korrekte Bestands- und Zustandsdateninformation
über die einzelnen Objekte der zu sanierenden Entwässerungsanlagen.
Die realen Profilmaße bestehender Kanäle und Leitungen vor Ort weichen häufig von
ihren in der Bestandsdokumentation nominell erfassten Werte ab. Dies gilt sowohl in
der Betrachtung der Einzelrohre als auch Bauteil übergreifend über die Gesamtlänge
einer Haltung oder Leitung (Rohrstrang). Gemessene Maßvarianzen liegen innerhalb einer
Bandbreite von etwa ±10 % bezogen auf den jeweiligen Mittelwert [Vogel, 2018].
Ursachen für diese Abweichungen können sein:
Bauart der Kanäle, die vor Ort oder werkseitig hergestellt werden
Fertigungstoleranzen innerhalb einer signifikanten Bandbreite [DIN EN 476] und veränderte Produktionstechnik über die Zeit
Abweichende Definition des Nenndurchmessers (DN) in Abhängigkeit vom Rohrmaterial:
Kunststoffrohre sind i.d.R. am Außendurchmesser (da) orientiert gefertigt und weisen
teils deutlich geringere Innenmaße als das Nominalmaß (di) auf. Für die Profilbeschreibung
von Kunststoffrohren wird üblicherweise das Verhältnis von Außendurchmesser (da) zur
Bauteilwanddicke angegeben (SDR = StandardDimensionRatio)
Abnutzung und Verschleiß im Betrieb durch Korrosion und Abrieb
Verformung infolge Überlastung
Rundung korrekt gemessener Maße bei Übernahme in die Bestandsdokumentation
Übernahme von Altdaten ohne Kontrolle
Für eine Reihe von grabenlosen Sanierungsverfahren ist die Voraussetzung für das Gelingen
einer zuverlässigen, dauerhaften und wirtschaftlichen Sanierung die korrekte Erfassung
der realen Profilabmessungen.
A-6.1.7.1 Profilmaßerfassung und kontinuierliche Profilverlaufsmessung
Bereits im Rahmen der Planung und als Grundlage für die Ausschreibung und Vergabe
von Sanierungsmaßnahmen ist die Kenntnis minimaler und maximaler Profilmaße des zu
sanierenden Objektes (z. B. Haltung) erforderlich. Die Ergebnisse sind eine wesentliche
Grundlage für die Leistungsbeschreibung. Durch die Kenntnis der realen Profilmaße
können optimale Sanierungsverfahren und Techniken ausgewählt und die Wirtschaftlichkeit
bei der Ausschreibung und Vergabe von geschlossenen Sanierungsmaßnahmen erhöht werden.
Die realen Profilmaße sind zum einen bei der Ausschreibung für die Planung der Einsetzbarkeit
von Gerätetechnik von Bedeutung: In kleinen Nennweiten (z.B. DN 200) können bereits
geringfügige Maßunterschreitungen dazu führen, dass Arbeitsgeräte zur Innensanierung
(z.B. Anschlussanbindung) nicht mehr eingesetzt werden können; für größere Durchmesser
im nicht begehbaren Bereich ist der Einsatz von Geräte-Grundkörpern verschiedener
Größe erforderlich.
Zum anderen kann bei der Ausschreibung von Sanierungsverfahren mittels Schlauchliner
durch die Kenntnis der realen Profilmaße eine sachgerechte Auswahl des Trägermaterials
in Abhängigkeit des erforderlichen Dehnverhaltens durch den Bieter erfolgen. Nachträge
in Form von Sonderlösungen (z.B. Einzelanfertigung von Teilkomponenten (z.B. Trägermaterial,
temporäre Folien), die sich als Folge abweichender Profilmaße erst nach der Vergabe
ergeben, können vermieden werden.
Innerhalb der Profilmaßerfassung werden Werte für die minimale- und maximale Profilhöhe
und -breite, des Innenumfangs und der Ovalisierung je Haltung-/Leitung erfasst. Die
Erfassung der realen Profilmaße kann mittels lasergestützter Verfahren im Zuge der
Optischen Inspektion erfolgen.
Zeitliche Einordnung der Profilmaßerfassung in den Planungsprozess
Die Profilmaßerfassung sollte vorzugsweise im Zuge der Planungsphase (z.B. optische
Inspektion im Rahmen des LAK) erfolgen.
Im Rahmen der Ausführungsplanung ist eine kontinuierliche Profilverlaufsmessung empfehlenswert,
spätestens vor dem Einbau notwendig. Somit kann der Schlauchliner passgenau konfektioniert
und eingebaut werden.
Wenn eine Profilverlaufsmessung erst nach Auftragserteilung an das Sanierungsunternehmen
erfolgt, können neben signifikanten Mehrkosten auch erhebliche Bauzeitverzögerungen
(z.B. Verzug durch Beschaffung von Materialien bzw. der Konfektionierung von Sonderlösungen)
entstehen.
Hinweise zur Profilmaßerfassung und der kontinuierlichen Profilverlaufsmessung sind
im Anhang A-2.3.10 enthalten.
A-6.1.7.2 Schäden bei nicht sachgerechter Linerkonfektionierung
Die statischen Berechnungsannahmen zur Wanddickenbestimmung für z.B. Schlauchliner-Systeme
unter den gegebenen Grundwasserverhältnissen [DWA-A 143-2] sind darauf ausgerichtet,
dass die zum Einsatz kommenden Lining-Systeme verfahrensbedingt nur minimale Ringspalte
aufweisen. Werksseitig kann grundsätzlich jedes Umfangmaß für einen Liner hergestellt
werden. Die Linerkonfektionierung muss daher möglichst genau am realen, kontinuierlichen
Profiverlauf über die Gesamtlänge des zu sanierenden Kanals orientiert sein.
Folgen ungenügender Linerkonfektionierung durch nicht hinreichend bekannter Altrohrbestandsmaße
im Profilverlauf sind:
Faltenbildung: Der Liner kann sich nicht optimal ausdehnen (Altrohrdurchmesser bezogen
auf das Liner-Konfektionsmaß zu klein). Je nach Härtungsart kann eine unzureichende
lokale Härtung entstehen.
Erhöhte Ringspaltbildung: Der Liner kann sich nicht ausreichend dehnen (Altrohrdurchmesser
bezogen auf das Konfektionsmaß zu groß). Statisch nicht berücksichtigtes erhöhtes
Ringspaltmaß hat nachteilige Auswirkungen auf die Standsicherheit des Liners, insbesondere
unter Grundwassereinfluss.
Abriss von Anschlussanbindungen: Bei fehlendem Formschluss (enges Anliegen mit minimalen
Ringspalten) des Liners am Altrohr ist es dem Liner dauerhaft möglich, sich z.B. unter
wechselnden Abwassertemperatureinflüssen oder bei schwankenden Grundwasserständen
im Altrohr zu bewegen. Die Folge sind das Abreißen der Anschlussanbindungen und damit
verbundene unnötige wiederkehrende Instandhaltungskosten.