Das vor Ort härtende Schlauchlining-Verfahren stellt das Standard-Renovierungsverfahren
dar. Schlauchlining-Verfahren können wie folgt gruppiert werden:
Inversionsverfahren (Synthesefaserfilz als Trägermaterial; Thermische Härtung mit
Warmwasser oder Dampf)
Einzugsverfahren (Glasfasergelege oder selten Synthesefaserfilz als Trägermaterial;
Härtung mit UV-Licht, oder selten thermisch mit Dampf oder Warmwasser)
Beim Schlauchlining-Verfahren werden i. d. R. werkseitig hergestellte vorkonfektionierte
und mit Kunstharz getränkte Gewebeschläuche in das Altrohr eingezogen (Einzugsverfahren)
oder eingestülpt (Inversionsverfahren). Im Kanal werden die Liner mit Luft- oder Wasserdruck
gegen die Altrohrwand aufgestellt und gegen die Rohrwand gepresst und dann ausgehärtet.
Die Aushärtung erfolgt thermisch unter Wärmeeinfluss (Heißwasser oder Dampf) oder
unter Lichteinfluss (UV-Bestrahlung).
Die Linerwanddicke richtet sich nach den statischen Erfordernissen. Der Wandaufbau
der Schlauchliner ist systemabhängig und i. d. R. dreischichtig:
Außenfolie/-beschichtung;
Trägermaterial mit Harz getränkt (ggf. mehrlagig);
Verschleißschicht ggf. mit Innenfolie/-beschichtung.
Die Trägermaterialien bestehen entweder aus Synthesefaserfilz oder Textilglasgelegen
(korrosionsbeständig).
Bei den Kunstharzen handelt es sich standardmäßig um ungesättigtes Polyesterharz (UP-Harz),
Vinylesterharz (VE-Harz) oder Epoxidharz (EP-Harz).
Die Folien-/Beschichtungen bestehen i. d. R. aus PE-HD, PP, PA, PVC-U, PU oder entsprechenden
Kombinationen.
Insbesondere bei den Inversionsverfahren werden die Außenfolien erst vor Ort, vor
Einbau des Liners, in das Altrohr eingebaut (Preliner).
Liner mit Synthesefaserfilzen erfordern bei zunehmender Profilgröße im Vergleich zu
Linern mit Glasfasergelegen i. d. R. größere Wanddicken, um die statischen Anforderungen
erfüllen zu können.
Nach Fertigstellung (Aushärtung) des Liners werden die seitlichen Anschlüsse vom Hauptkanal
aus geöffnet und wasserdicht an den Liner angebunden. Die Lineranbindungen an den
Schächten müssen ebenfalls wasserdicht mit der Bausubstanz verbunden werden. Die Ringraumabdichtung
am Rohrende erfolgt vorzugsweise mit Linerendmanschetten oder direkt am Schachtunterteil
mit Ortlaminat bzw. EP-Harzverspachtelung (spezielle Produkte).
c) Beispiele für zugehörige Verfahren und Varianten
Thermische Härtung mit Warmwasser (RAL-GZ: S27.1)
Aarsleff PAA-S-/SF-Liner;
Insituform CIPP Felt-Liner;
RS CityLiner;
Thermische Härtung mit Dampf (RAL-GZ: S27.2)
Aarsleff PAA-S-/SF-Liner;
LineTEC Liner;
RS CityLiner.
UV-Lichthärtung (RAL-GZ: S27.3)
Alphaliner;
Berolina Liner;
Brandenburger Liner;
iMPREG-Liner;
SAERTEXaertex-Liner.
Anwendungsbereich
Freispiegelkanäle und Druckleitungen (systemabhängig);
Einsetzbar für alle Profilarten (systemabhängig) und Rohrwerkstoffe;
Wiederherstellung der statischen Tragfähigkeit i. d. R. möglich.
UV-Lichthärtung:
Bis 300 m Rohrlänge (nennweiten- und systemabhängig).
Warmwasserhärtung:
Bis 600 m Rohrlänge (nennweiten- und systemabhängig);
Inversionsverfahren: Bei Grundwasserinfiltration ist i. d. R. keine Vorabdichtung
erforderlich, da der Gegendruck (Wassersäule) das eindringende Wasser beim Einstülpvorgang
aus dem Altrohr verdrängt.
Dampfhärtung:
Bis 120 m Rohrlänge (Inversionsverfahren und Einzugsverfahren).
Technische Anforderungen und Randbedingungen
Die unterschiedlichen Linersysteme müssen hinsichtlich Wandaufbau, Materialien und
Härtungssystematik optimal aufeinander abgestimmt sein (Eignungsnachweis erforderlich);
Verwendung einer Außenfolie, um einen Kontakt insbesondere von Wasser mit dem in den
Gewebeschläuchen enthaltenen Kunstharz zu verhindern;
Inversionsverfahren: in Abhängigkeit der Schachtsituation ist ab DN 700 die Abnahme
des Konus erforderlich;
UV- und Dampfhärtung: Bei Grundwasserinfiltration (druckabhängig) sind i. d. R. vorabdichtende
Maßnahmen erforderlich;
Anschlussanbindungen generell von innen möglich;
Um ein faltenfreies und ringspaltminimiertes Anliegen (statisch besonders relevant)
sicherzustellen, müssen die realen Profilmaße vorab möglichst konkret bestimmt und
die Linerkonfektionierung hierauf abgestimmt werden;
Das Dehnverhalten der jeweiligen Linerprodukte unterscheidet sich mehr oder weniger
stark und hängt maßgeblich vom Trägermaterial und dessen Konstruktion, der Profilform,
Profilgröße und der Wanddicke ab;
Bei der UV-Lichthärtung ist ein besonderes Augenmerk auf die Ziehgeschwindigkeit und
der verwendeten Lichttechnik zu legen.
Vorteile
Keine Rohrverbindungen;
Geringe Querschnittsreduzierung;
Sehr flexibel einsetzbar;
Im Vergleich zu anderen Renovierungsverfahren kostengünstiger;
UV-Lichthärtung: schneller Sanierungsfortschritt bei 3 bis 4 Personen.
Nachteile
Faltenbildung insbesondere bei Krümmungen, Abwinkelungen und starken Versätzen möglich;
Fehleranfällig hinsichtlich der geforderten Dichtheit und Materialkennwerte, wenn
Qualitätssicherungsvorgaben bei Herstellung (werkseitig und vor Ort), Installation
und/oder Aushärtung nicht konsequent eingehalten werden;
Dampfhärtung: Kondenswasserbildung in Unterbogenbereichen mit der Gefahr einer unzureichenden
Aushärtung (Maßnahmen zur Kondenswasserableitung erforderlich).
Rechtliche und ökologische Anforderungen
Warmwasserhärtung: Eine Ableitung des Prozesswassers über Regenwasserkanäle oder die
Einleitung in ein Gewässer ist unzulässig.
UV-Lichthärtung: Es muss auf eine möglichst vollständige Vernetzung des im Harz enthaltenen
Lösungsmittels im Zuge der Härtung geachtet werden. Die erreichten Reststyrolwerte
(möglichst < 2 %) sollten bei der Materialprüfung der Linerproben kontrolliert und
dokumentiert werden.
Abfälle, insbesondere Trägermaterialien und Harzreste sind ordnungsgemäß zu entsorgen.
Bauzeit
Vorlaufzeit für Linerherstellung und -konfektionierung: ca. 3 bis 6 Wochen vor Einbautermin;
Systemabhängig, ein bis zwei Linerinstallationen pro Arbeitstag möglich; bei großen
Nennweiten und Streckenlängen deutlich längere Zeitverläufe möglich;
Anschlussanbindung bei thermisch härtenden Systemen vorzugsweise erst ab etwa drei
Wochen nach Linerinstallation.
Zusätzliche technische Vertragsbedingungen zur Qualitätssicherung
DWA-Merkblatt [DWA-M 144-3]„Renovierung mit Schlauchlining-Verfahren“ (vgl. Anh. Fachtechnische Grundlagen A-6.1.2).
Kalibrierung zur Ermittlung des Rohrquerschnittes und Ermittlung der Haltungslänge
(sofern nicht bereits im Zuge der Planung erfolgt);
Hindernisse beseitigen;
ggf. Vorsanierungen bei starken Strukturschäden und an ausgebrochenen Anschlüssen;
Reinigung;
Einmessen der Anschlüsse;
Abflusslenkungsmaßnahme im Hauptkanal und in Anschlüssen während des gesamten Einbau-
und Härtungsvorganges;
Einbau Preliner als Außenfolie (sofern nicht mit dem Liner verbunden).
Hauptposition
Linereinbau und Aushärtung (Positionskriterien: Nennweite, Länge, statische Erfordernisse,
ggf. Härtungsverfahren).
Nacharbeiten
Dichtheitsprüfung;
Anschlussanbindung (i. d. R. von innen);
Schachtanbindung bzw. Ringspaltverschluss
Bauüberwachung
Auf die VSB-Empfehlung Nr. 0.6 „Risikobewertung Kanalsanierung“ wird verwiesen, hinsichtlich
der technikspezifisch bestehenden Ausführungsrisiken, die durch die Bauüberwachung
minimiert werden können;
Sämtliche qualitätsrelevanten Arbeitsschritte (z. B. gemäß ZTV oder Verfahrenshandbuch
RAL-GZ für S27.1 bis 27.3-Verfahren) müssen kontinuierlich überprüft werden;
Aufgrund der Fehleranfälligkeit sind insbesondere folgende Arbeitsschritte und Kontrollen
erforderlich:
Kontrolle der Materiallieferung (Kenndaten aller Komponenten: Preliner, Liner im Gesamtaufbau
und Bauhilfsstoffe);
Vor Linereinbau zu überprüfen: Kanäle müssen stets hindernisfrei sein;
Funktion der Abflusslenkung im Haupt- und Anschlussrohr;
Gemeinsame Festlegung der Probenahmestelle und ggf. Vorbereitung der Probenahme;
Überwachung Installationsprozess bis Härtungsbeginn;
Daten zum Härtungsprozess (UV-Lichttechnik, Zeitverläufe, Geschwindigkeiten, Temperaturen
etc.);
Überwachung Probeentnahme und Übernahme Probestück zur Weiterleitung an Prüfinstitut
(AG);
Zur Prüfung auf Abnahmefähigkeit (Solleigenschaften) ist grundsätzlich eine Materialprobe
je Linerinstallation bzw. -härtung erforderlich. Die Repräsentativität der Materialprobe
(ideal aus dem Bereich des zu sanierenden Altrohrs und ggf. aus Zwischenschächten)
ist hierbei von besonderer Bedeutung. Die Beprobung sollte direkt vom Auftraggeber
veranlasst werden.
Qualitätsnachweise
Für die eingesetzten Materialien und Baustoffe
Gemäß DIBt-Zulassung, ZTV bzw. Verfahrenshandbuch z.B. nach RAL-GZ 961 für S27.1 bis
27.3-Verfahren.
Für das Sanierungssystem
Gemäß DIBt-Zulassung, ZTV bzw. Verfahrenshandbuch z.B. nach RAL-GZ 961 für S27.1,
S27.2, S27.3-Verfahren.
Für die Arbeitsabläufe
Gemäß ZTV-Vorgaben bzw. Verfahrenshandbuch nach z.B. RAL-GZ 961 für S27.1, 27.2, 27.3-Verfahren.